Online-Coaching: Viel mehr als eine Notlösung

Dass man Coachings auch online durchführen kann, ist keine ganz neue Erfindung – aber eine, die, wie andere Online-Lernkonzepte auch, in der Pandemie-Situation verstärkt Aufmerksamkeit von Coaches und Bildungseinrichtungen erhält.
Das wird vermutlich auch so bleiben, wenn Abstandsregelungen nicht mehr notwendig sind - schließlich bietet ein digitales Coaching über den bloßen Ersatz für eine „analoge“ Durchführung hinaus weitere interessante Möglichkeiten. Man denke zum Beispiel an "Blended Coaching".
Grund genug für alle, die beruflich mit Beratung und Coaching zu tun haben, sich jetzt kundig zu machen - denn mit einem einfachen „Rechner an und los geht’s“ ist es bei den Online-Formaten dann doch nicht getan.
Diplom-Psychologin Hannah Nievelstein, Mitbegründerin der DiCademy GmbH in Münster erklärt, welches die Unterschiede zwischen den Coaching-Methoden sind und was es bei Online-Beratungen besonders zu beachten gilt.
Die DiCademy hat sich auf den Aufbau von Online-Kompetenzen für Moderatoren, Trainer und Coaches spezialisiert und bietet die passenden Schulungen sowohl online als auch inhouse an.
Nach erfolgreicher Teilnahme erhalten Coaches ein Zertifikat, das ihre Coaching-Kompetenz im Onlinebereich belegt.

 
 
 
geva-institut: Frau Nievelstein, inwiefern unterscheidet sich Online-Coaching vom Coaching vor Ort?
 
Hannah Nievelstein: Beim Online-Coaching ist die Dauer in der Regel kürzer, da es anstrengender ist, im virtuellen Raum zu coachen und gecoacht zu werden.  
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das herkömmliche Coaching anzureichern. Beim Blended Coaching zum Beispiel werden die Live Online-Coaching-Sessions gespickt durch sogenannte asynchrone Elemente (Eine Sprachnachricht, eine Videobotschaft, ein vertiefender Leselink zu einem bestimmten Thema)
 
Welche sind die Vorteile des Online-Coachings?

Örtliche und zeitliche Flexibilität, schnellere Terminvergabe, kürzere Coachings, die einfacher in den Alltag integriert werden können. Es gibt sogar Teilnehmer, denen ist die gefühlte Anonymität im Online-Coaching lieber – es fällt ihnen dort leichter, über sich zu sprechen.
Außerdem gibt es mittlerweile viele tolle Tools zur Visualisierung von Coaching-Inhalten, die das Online-Format sehr stark anreichern.
 
Gibt es auch Nachteile?

Der Beziehungsaufbau und die Aktivierung des Coachees im virtuellen Raum brauchen mehr Arbeit. Hier muss intensiv gearbeitet werden. Technische Hürden sind ebenfalls eine Herausforderung.

Wie kann man diese Nachteile bestmöglich vermeiden?

Der Beziehungsaufbau sollte schon vor der ersten Live-Session stattfinden.
Ein ausführliches technisches Onboarding des Coachees ist wichtig und sollte ausgelagert, das heißt nicht mit einem anschließenden Coaching verbunden werden. Somit vermeidet man, dass eventueller „Technik Stress“ die Lernatmosphäre beeinflusst.
 
 
Schulungen zum Thema Online-Coaching
Hannah Nievelstein, DiCacemy GmbH, Münster

Hannah Nievelstein ist Mitgründerin der DiCademy GmbH.

Das Münsteraner Unternehmen hat sich auf den Aufbau von Online-Kompetenzen für Moderatoren, Trainer und Coaches spezialisiert und bietet die passenden Schulungen sowohl offen als auch inhouse an.

Teilnehmer erlernen neben den technischen Grundlagen vor allem methodische und didaktische Herangehensweisen, die im virtuellen Coaching auf einer Online-Plattform funktionieren. Dabei werden theoretische Erkenntnisse interaktiv diskutiert und im Rahmen praktischer Übungen vertieft.

Diese DiCademy Schulungen finden in der Regel selbst virtuell statt (z.B. via Zoom oder MS Teams) und werden durch spezielle eLearning- und Selbstlernphasen ergänzt. Nach erfolgreicher Teilnahme erhalten Coaches ein Zertifikat, das ihre Coaching-Kompetenz im Onlinebereich belegt.

 
 

Voraussetzungen für die Teilnahme

  • Coaching-Gesprächsführungskompetenz - etwa durch eine abgeschlossene Coaching-Weiterbildung oder Erfahrung im Coachingbereich
  • Ein Mindestmaß an digitalen Kompetenzen wie Speichern und Abrufen von Dateien, Verschicken von E-Mails mit Kalendereinladung etc. Diese werden zu Beginn abgefragt

Ablauf der Schulung

  • Kick-Off: The Show must go online
  • Der virtuelle Werkzeugkoffer: Technik und Tools als Unterstützung
  • Drehbuch: Besonderheiten im Coachingablauf
  • Visualisierungstipps
  • Blended Coaching: Content Produktion
  • Beziehung und Troubleshooting
  • Abschlusscoaching und Zertifizierung

Die Live Sessions werden angereichert durch Blended Elemente (also Lernhäppchen zwischen den Sessions) und regelmäßig stattfindende Peergroup-Sessions zum Üben.

Im Laufe der Weiterbildung entwickeln die Teilnehmer:innen ihre eigene Vorgehensweise im Coaching.

Interessiert? Details zu den Schulungen der DiCademy erfahren Sie direkt von den dortigen Ansprechpartner:innen:

https://www.dicademy.net/
https://www.dicademy.net/leistungen/online-coaching

 
 Worauf sollte man beim Online-Coaching besonders achten?
 
Man sollte das Coaching nicht mit zu vielen Tools und Technik überlagern. Das beste Coachingwerkzeug sind immer noch die Coachingfragen!
Wir nutzen zum Beispiel auch gerne ein Telefoncoaching, gerade zu Zeiten von Corona, da viele Coaches von den Meetings am Bildschirm ermüdet sind: Ein einfaches „Geh-Spräch“ am Telefon lässt den Coachee noch einmal ganz anders in Verbindung mit seinen Themen kommen.
 
Wie sieht die perfekte Durchführung eines Online-Coachings aus?
 
Die perfekte Durchführung sollte am Coachee orientiert sein - das heißt, ein intensives Vorgespräch zur Technikauswahl und Vorgehensweise und Eingehen auf die individuellen Bedürfnisse sind Voraussetzungen für das Gelingen.
Der Coaching-Prozess im virtuellen Raum ist der gleiche wie beim „analogen“ Coaching: Das bedeutet zum Beispiel, dass Modelle wie G.R.O.W. genauso umgesetzt werden können.
Idealerweise passt man sich an jeden Coachee und dessen Technikanforderungen individuell an.
 
Ist aus Ihrer Sicht besondere Übung für die Online-Durchführung erforderlich, auch wenn man schon ein erfahrener Coach ist?
 
Bestimmte Tools brauchen eine intensivere Einarbeitungszeit. Werden Blended- Elemente, wie z.B. Videobotschaften hinzugenommen, so fordert das eine neue Kompetenz beim Coach: Das muss geübt werden!
Man sollte die Technik so gut beherrschen, dass man auch dem Coachee technische Hilfestellung leisten kann.
 
Vielen Dank für das Gepräch, Frau Nievelstein!